Vor allem im Naturschutzrecht finden sich Vorschriften, die Vereine und Verbände am Verwaltungsverfahren beteiligen. Dieser Verfahrensbeteiligung liegt - anders als sonst1 - nicht der Gesichtspunkt der Effektivierung des Grundrechtsschutzes der Beteiligten zugrunde. Denn die Naturschutzverbände können sich gerade nicht auf ein ihnen zustehendes, möglicherweise verletztes Grundrecht berufen. Die Statuierung derartiger Beteiligungsrechte wirft die am Beispiel von § 29 Abs. 1 BNatSchG intensiv diskutierte Frage auf, ob und wie sich die zu beteiligenden Verbände gegen eine Verletzung ihrer Beteiligungsrechte zur Wehr setzen können. Damit ist einer der Schwerpunkte der Diskussion um das Vorliegen von subjektiven öffentlichen Rechten angesprochen: können Rechte auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren (kurz: Beteiligungsrechte) als subjektive öffentliche Rechte qualifiziert werden, und - wenn ja - welche Klagemöglichkeiten eröffnen sich dadurch?
Inhalt
1. Die Beteiligung am Verwaltungsverfahren als subjektives öffentliches
Recht
2. Die Erzwingung der Beteiligungsrechte
3. Anfechtung der Sachentscheidung aufgrund einer Verletzung der
Beteiligungsrechte aus § 29 Abs. 1 BNatSchG
4. Andere "materielle" subjektive Beteiligungsrechte von Naturschutzvereinigungen
5. Die Klage auf Erzwingung der Beteiligung und § 44 a VwGO
6. Ergebnis
Fußnoten
1. Die Beteiligung am Verwaltungsverfahren als subjektives öffentliches Recht
Gerichtlich durchsetzbar sind Beteiligungsrechte nur dann, wenn
die zu beteiligenden Naturschutzverbände zur Erhebung einer Klage
vor den Verwaltungsgerichten befugt sind. Zulässig ist eine Klage
auf Aufhebung bzw. Vornahme eines Verwaltungsaktes nach § 42 Abs.
2 VwGO, wenn die Naturschutzverbände geltend machen, durch die
Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes in ihren Rechten
verletzt zu sein. Aus dem Klagevortrag muß also die Möglichkeit
der Verletzung eigener Rechte der Naturschutzverbände hervorgehen.
Ein Erfolg in der Sache setzt voraus, daß die Ablehnung bzw. Unterlassung
eines Verwaltungsaktes rechtswidrig und der Kläger dadurch in
seinen Rechten verletzt ist2. Diese Voraussetzung muß sowohl für Klagen zur Erzwingung der
Beteiligung (in einem laufenden Verfahren) sowie für Klagen gegen
Sachentscheidungen erfüllt sein.
Für einen von der Sachentscheidung abgetrennten (isolierten) Rechtsschutz
gegen die Verletzung der Beteiligungsrechte (Beteiligungserzwingungsklage)
sind die dem § 42 Abs. 2 VwGO zugrundeliegenden überlegungen auch
dann maßgeblich, wenn man die in Frage stehenden Beteiligungsmaßnahmen
nicht für Verwaltungsakte hält3. Sie finden auf die dann einschlägige allgemeine Leistungsklage
bzw. Feststellungsklage entsprechende Anwendung4.
Damit kann nicht quivis ex populo eine Klage mit Aussicht auf
Erfolg erheben, sondern nur derjenige, der die Verletzung eigener
Rechte geltend macht. Ein solches subjektives öffentliches Recht5 ist dadurch gekennzeichnet, daß eine Norm einem einzelnen eine
Rechtsposition einräumt, die es ihm erlaubt, vom Staat ein entsprechendes
Tun oder Unterlassen zu verlangen6. Naturschutzverbänden stehen in aller Regel keine solchen Rechte
zu; sie können daher nur in seltenen Fällen Verwaltungsrechtsstreitigkeiten
führen7. So ist es ihnen verwehrt, vor den Verwaltungsgerichten die Rechte
ihrer Mitglieder geltend zu machen, auch wenn dies in ihren Satzungen
vorgesehen sein sollte8. Klagebefugt sind sie hingegen dann, wenn sie in einer materiellen
Rechtsposition9, etwa als Grundstückseigentümer10, betroffen sind.
Verstöße gegen Verwaltungsverfahrensrecht sind dem Grundsatz nach
nur in Bezug auf ein derartiges materielles Recht geschützt11. Ausnahmsweise gilt etwas anderes, wenn eine "absolute" Verfahrensvorschrift
dem Kläger eine vom materiellen Recht unabhängige Verfahrensposition
einräumt12. Wann in der Verletzung einer Verfahrensvorschrift die Verletzung
eigener Rechte des Klägers liegt, wird nach der in Rechtsprechung
wie Literatur vorherrschenden, wenn auch nicht unbestrittenen,
sog. "Schutznormtheorie" bestimmt13. Danach räumt das Verwaltungsverfahrensrecht ein derartiges subjektives
Recht nur in den seltenen Fällen ein, in denen einem Rechtssubjekt
ein bestimmtes Interesse durch einen Rechtssatz zur eigenen Wahrnehmung
und damit als "eigenes" normativ zugewiesen wird14. Es genügt nicht, daß eine ausschließlich dem öffentlichen Interesse
dienende Norm lediglich rein tatsächlich in der Nebenwirkung dem
Individualinteresse zugute kommt, sog. "Rechtsreflex"15. Stattdessen ist zu verlangen, daß zumindest eines der Regelungsziele
des Rechtssatzes in der Berücksichtigung des Interesses liegen
muß, als dessen Träger ein spezifisches Rechtssubjekt ausdrücklich
oder konkludent benannt werden muß. Es muß also eine verfahrensrechtliche
Gestaltung dem Begünstigten zur eigenen Wahrnehmung zugewiesen
werden16. Eine Regelung der Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren
erfüllt diese Voraussetzungen, "wenn die verletzte Verfahrensnorm
nicht nur der Ordnung des Verfahrensablaufs dient, sondern dem
betroffenen Dritten in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen
Recht eine eigene, nämlich selbständig durchsetzbare verfahrensrechtliche
Rechtsposition gewähren will..."17. Ob eine Rechtsposition diesen Voraussetzungen genügt, beantwortet
sich nicht nach der Art und Beschaffenheit desjenigen materiellen
Rechts, auf das sich das vorgeschriebene Verwaltungsverfahren
bezieht, sondern allein nach der Zielrichtung und dem Schutzzweck
der Verfahrensvorschrift selbst18. Es kommt darauf an, ob die Norm die Einbringung der dem Betroffenen
zugewiesenen sachlichen Interessen in das Verfahren sicherstellen
soll19. Der Kreis der durch eine solche Norm begünstigten Betroffenen
muß dabei durch individualisierende Tatbestandsmerkmale von der
Allgemeinheit unterscheidbar sein20.
Wird eine Beteiligungsvorschrift nach vorstehenden Gesichtspunkten
als subjektives Recht qualifiziert, so ist eine Klage auf Erzwingung
der Beteiligung zulässig. Damit ist jedoch noch nicht automatisch
die Befugnis verbunden, gegen eine Sachentscheidung unter Berufung
auf die Verletzung des subjektiven Rechts gerichtlich vorzugehen.
Grundsätzlich kann die Verletzung nur eines Verfahrensrechtes
seinen Träger sehr wohl in die Stellung versetzen, die Sachentscheidung
gerichtlich angreifen zu dürfen21. Wenn eine Gegenmeinung sich darauf stützt, dab die Rechtsordnung
keine von der materiellen Rechtsposition unabhängige Klagebefugnis
kenne22, verkennt sie den Rechtscharakter subjektiv-öffentlicher Rechte:
sie bezeichnen die einem Rechtssubjekt in öffentlich-rechtlichen
Vorschriften eingeräumte Rechtsmacht, mit Hilfe der Rechtsordnung
seine Interessen zu verfolgen23. Damit ist jedoch nicht mehr behauptet, als daß es Beteiligungsrechte
gibt, deren Verletzung zu einer Klage gegen die unter ihrer Verletzung
zustandegekommene Sachentscheidung berechtigen. Daraus folgt nicht
zwingend, daß jede Verfahrensposition, die eingeklagt werden kann,
auch zu einem Vorgehen gegen die Sachentscheidung befugt24. Zwar wird für die Zulässigkeit beider Klagen mit dem Begriff
des subjektiven Rechts operiert, doch wird weitgehend die Existenz
von zu subjektiven Rechten erstarkten Verfahrenspositionen mit
unterschiedlicher Schutzqualität anerkannt.
So soll nach einigen Autoren ein Recht auf Beteiligung an der
Entscheidungsvorbereitung generell gerichtlich erzwungen werden
können25, wobei gleichzeitig das Vorgehen gegen die fehlerhafte Sachentscheidung
nur von wenigen für zulässig erachtet wird26. Dies wird besonders deutlich in der Diskussion um den Rechtsschutz
der Naturschutzverbände aus ihrem Beteiligungsrecht nach § 29
Abs. 1 BNatSchG. Während eine Klage auf Beteiligung vor Abschluß
des Verwaltungsverfahrens allgemein akzeptiert wird27, verläuft die Diskussion um eine auf die Verletzung des § 29
Abs. 1 BNatSchG gestützte Anfechtung der Sachentscheidung kontrovers.
Damit wird einer Norm gleichzeitig der Charakter eines subjektiven
Rechts der Naturschutzverbände aberkannt wie zugesprochen28. Dem scheint die - so nicht ausgesprochene - These zugrundezuliegen,
daß die Voraussetzungen an das Vorliegen eines subjektiven Rechts
(mit) davon abhängen, ob es zu einer Klage auf Beteiligung am
Verwaltungsverfahren oder gegen die Sachentscheidung berechtigen
soll. Diese Position deutet sich darin an, daß zwischen einer
formalen und einer materiellen Rechtsposition aus einer Beteiligungsvorschrift
unterschieden wird29.
Diese Differenzierung steht mit der Dogmatik der Einklagbarkeit
von Rechtsverletzungen im Verwaltungsverfahren in Einklang. Denn
hier handelt es sich um die Fälle der Zuweisung von Beteiligungsrechten
am Verwaltungsverfahren durch Rechtssatz. Nur hierauf bezieht
sich der Rechtsschutz; der Ausschluß der Popularklage durch die
Verwaltungsgerichte bleibt unangetastet: es kann nicht jedermann
bzw. jede beliebige Vereinigung die Beteiligungsrechte einklagen.
Vielmehr müssen Naturschutzverbände in den ihnen zugewiesenen
Beteiligungsrechten beeinträchtigt werden30. Die Gefahr einer dem Verwaltungsprozeßrecht fremden objektiven
Rechtmäßigkeitskontrolle wird damit nicht heraufbeschworen, weil
hier nur die Rechtmäßigkeit (eines Ausschnitts) des Verwaltungsverfahrens
der gerichtlichen Kontrolle unterworfen wird, nicht aber automatisch
damit die Rechtmäßigkeit der in diesem Verfahren getroffenen Entscheidung31.
Aus Vorschriften, die Naturschutzverbänden ein Recht auf Beteiligung
an einem Verfahren einräumen, kann diesen ein subjektives Recht
erwachsen. Die Anerkennung eines solchen subjektiven Rechts setzt
sie in die Lage, vor den Gerichten die Einhaltung dieser Beteiligungsvorschriften
einklagen zu können (dazu unten 2.). Darüberhinaus kann den Naturschutzverbände
durch eine spezifische Ausgestaltung ihrer Beteiligungsrechte
ein Recht zur Klage gegen die unter deren Verletzung ergangene
Sachentscheidung verliehen worden sein (dazu unten 3. und 4.).
2. Die Erzwingung der Beteiligungsrechte
Während einige Autoren eine Klage auf Erzwingung von Beteiligungsrechten
an Verfahren ohne weitere Prüfung zugestehen32, wollen Teile der Literatur33 und Rechtsprechung34 die Klage auf Beteiligung im Verwaltungsverfahren dann ausschließen,
wenn der Zweck des Verfahrens die einheitliche und umfassende
Verwaltungsentscheidung ist, die Mitwirkung also allein auf ein
im allgemeinen Interesse gelegenes rationelles Verwaltungsverfahren
abzielt. Zu einem isolierten subjektiven Verfahrensrecht sollen
nach dieser Auffassung allerdings auch die vorrangig im öffentlichen
Interesse geschaffenen Beteiligungsmöglichkeiten erstarken können35. Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß die Beteiligungsrechte
es erlauben, die zu beteiligenden Naturschutzverbände hinreichend
präzise zu bestimmen. Denn nur diejenige Vorschrift dient nicht
allein öffentlichen Interessen, welche einen bestimmten und abgrenzbaren,
d.h. individualisierbaren und nicht übermäßig weiten Kreis der
hierdurch Berechtigten erkennen läßt36.
So ist es zum einen bei den Rechten der Naturschutzverbände aus
§ 29 Abs. 1 BNatSchG. Gleiches gilt auch für die Beteiligungsrechte
aus § 37 RHPf. LPflG, §§ 63, 51 Abs. 1 S. 3 BadWürtt. NatSchG, §§ 51 b Abs. 1, 21 d Abs. 5 Schl.H. LPflG, § 28 Abs. 2 RhPf. DenkmalSchG, die nur
Verbänden zustehen, die entweder nach § 29 Abs. 1 BNatSchG anerkannt
sind, oder denen ein Gebiet zur Betreuung übertragen wurde.
In diesen Fällen kommt zudem für die (Naturschutz-)Verbände die
Klage auf Anerkennung hinzu, also praktisch darauf, ob sie die
für die Beteiligung aufgestellten Voraussetzungen erfüllen37.
Auch dann, wenn der beteiligenden Stelle ein Ermessen bei der
Auswahl zwischen mehreren zu beteiligenden Naturschutzverbänden
eingeräumt ist, können diese einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung
gerichtlich geltend machen38. Denn das subjektive Recht auf Beteiligung umfaßt auch das Recht
auf fehlerfreie Ermessensausübung39.
3. Anfechtung der Sachentscheidung aufgrund einer Verletzung der Beteiligungsrechte aus § 29 Abs. 1 BNatSchG
Die Naturschutzverbände müssen geltend machen, durch die Sachentscheidung
in ihren eigenen Rechten verletzt zu sein. Zu untersuchen ist
daher, wann Beteiligungsvorschriften den Naturschutzverbänden
derartige eigene, subjektive Rechte verleihen. Wie schon oben
2. festgestellt wurde, ist das Beteiligungsrecht aus § 29 Abs.
1 BNatSchG als subjektives Recht zu qualifizieren, das eine isolierte
Erzwingung der Beteiligung möglich macht. Damit ist indes noch
nicht viel gewonnen für die Frage nach dem Rechtsschutz gegen
die Sachentscheidung. Denn oben wurde auch herausgearbeitet, daß
von sozusagen zwei Arten subjektiver Verfahrensrechte auszugehen
ist: denjenigen, deren Rechtsschutz sich nur auf die Verfahrensposition
selbst bezieht, die also nur "eine rein formale Beteiligtenstellung
im laufenden Verwaltungsverfahren"40 gewähren, sowie denjenigen, die eine quasi materiellrechtliche
Rechtsposition verleihen.
Die Einstufung als formales subjektives Recht stellt folglich
nur eine notwendige, keineswegs aber hinreichende Voraussetzung
für die Klagebefugnis gegen eine Sachentscheidung dar. Derartige
formale subjektive Verfahrensrechte müssen um weitere Elemente
angereichert werden, um zu ("materiellen") subjektiven Verfahrensrechten
zu erstarken.
Die abstrakte Diskussion um das Vorliegen von subjektiven Rechten
geht auf diese Unterscheidung nicht ein. Da die Diskussion um
das Vorliegen von "formellen" wie "materiellen" subjektiven Verfahrenspositionen
nur unter dem Begriff des subjektiven Rechts geführt wird und
die Unterscheidung zwischen beiden Formen nicht präzise, sondern
gleichsam beiläufig vorgenommen wird, fehlt es an der Herausarbeitung
allgemeingültiger Kriterien hierfür.
Die naturschutzrechtliche Beteiligungsregel des § 29 Abs. 1 BNatSchG
räumt nach hier vertretener Auffassung die Befugnis zur Klage
gegen die in dieser Norm aufgeführten Sachentscheidungen allein
unter Berufung auf die Verletzung der Beteiligungsvorschrift ein.
Dieses Ergebnis stützt sich zum einen auf eine Auslegung nach
Wortlaut, systematischer Stellung, Entstehungsgeschichte und Sinnzusammenhang,
wonach diese Vorschrift ein in besonderer Weise herausgehobenes,
außergewöhnlich stark ausgestaltetes Beteiligungsrecht enthält.
Dafür spricht zum anderen das Verfahren der Anerkennung der zu
beteiligenden Verbände.
So soll § 29 Abs. 1 BNatSchG gerade die Anhörung des Verbandes
selbst verwirklichen, ohne vom Bestehen eines eigenen materiellen
Rechts abhängig zu sein und dient also nicht nur der Information
der Behörde41. Wegen der Wortwahl "Mitwirkung" sowohl in der überschrift der
Norm42 als auch in der überschrift des VII. Abschnitts des Gesetzes43 als auch der Formulierung "Mitwirkungsrecht" in § 29 Abs. 5 S.
3 BNatSchG44 gibt die Norm den Naturschutzverbände mehr als eine bloße Chance
oder einen Rechtsreflex. Die herausgehobene Stellung des Mitwirkungsrechtes
wird weiterhin von den strengen Voraussetzungen für die Ausübung
des Beteiligungsrechtes angezeigt45. Diese differenzierten Voraussetzungen wären entbehrlich für
die Gewährung rechtlich nicht durchsetzbarer Befugnisse46. Schließlich gibt die Gelegenheit zur Einsichtnahme in die Sachverständigengutachten
eine weit stärkere Position, als sie jedermann im Auslegungsverfahren
nach § 73 VwVfG eingeräumt wird47. Denn die Erörterung hängt anders als nach § 73 Abs. 6 VwVfG
nicht von einer vorher erhobenen Einwendung ab. Außerdem wird
den Verbänden das Recht auf Einsicht in die Sachverständigengutachten
gewährt, was weit über die Planauslegung in § 73 Abs. 3 S. 1 VwVfG
hinausgeht48. Schließlich wäre die Regel des § 29 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG dann
auch überflüssig, weil ihnen schon nach den älteren planfeststellungsrechtlichen
Vorschriften die Möglichkeit, ihre Vorstellungen in Form von Bedenken
und Anregungen im Rahmen des Anhörungsverfahren vorzubringen,
gegeben war49.
Der Gesetzgeber hat bewußt auf die Einräumung der verschiedentlich
geforderten Verbandsklage verzichtet, um kein Präjudiz für andere
Bereiche zu schaffen. Statt dessen schuf er ein qualifiziertes
Anhörungsrecht50. Aus diesem Verzicht des Gesetzgebers auf die Verbandsklage kann
nicht sein Wille, die Anfechtungsklage auszuschließen, abgeleitet
werden51. Die Materialien geben nämlich nichts anderes her, als dab der
Gesetzgeber diese Möglichkeit überhaupt nicht bedacht hat. Klar
war hingegen, dab das Anhörungsrecht den Verbänden eine besonders
starke Stellung einräumen sollte, wie aus dem Adjektiv "qualifiziert"
ersichtlich ist52. Eine Qualifizierung gegenüber dem einfachen Anhörungsrecht aus
§ 13 Abs. 3 VwVfG kann nur darin liegen, daß es ein subjektiv-öffentliches
Recht der Naturschutzverbände darstellt53. Damit soll eine wirkungsvolle Repräsentation des freiwilligen
Naturschutzes, der über Experten mit z.T. jahrzehntelanger praktischer
Erfahrung vor Ort verfügt, und Transparenz als Voraussetzung für
öffentliche Kontrolle erreicht werden54.
Weiterhin kann mit der auf Verletzung des § 29 Abs. 1 BNatSchG
gestützten Klage anders als mit der Verbandsklage (vgl. § 36 Hes.
NatSchG) keine Prüfung der Entscheidung aus allen denkbaren Gründen
erreicht werden55. Der anerkannte Verein ist nämlich darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit
der angegriffenen Entscheidung infolge eines Verstoßes gegen sein
Beteiligungsrecht geltend zu machen56.
Eine zeitliche Begrenzung der gerichtlichen Durchsetzbarkeit des
Mitwirkungsrechtes auf den Zeitraum bis zur Entscheidung in der
Sache ist mit den Gesetzesmaterialien daher nicht zu begründen.
Ebensowenig ist ein hierauf gerichteter Wille des Gesetzgebers
aus der Formulierung "bei der Vorbereitung ... von Rechtsverordnungen
... und Plänen" in § 29 Abs. 1 Nr. 1, 2 BNatSchG abzuleiten57. Denn die eigentliche Rechtsetzung kann nur von der dazu berufenen,
durch demokratische Wahl legitimierten Vertretungskörperschaft
vorgenommen werden, weshalb eine Beteiligung von Verbänden, aber
auch Behörden oder in ihren Rechten Betroffenen immer nur im Vorbereitungsstadium
möglich ist58.
Schließlich kann diese den Verbänden eingeräumte herausgehobene
Verfahrensposition nur dann wirksam geschützt werden, wenn ihre
Verletzung die Verbände zur Klage gegen die Sachentscheidung befugt59. Der Normzweck, Vollzugsdefizite im Bereich von Naturschutz und
Landschaftspflege60 abzubauen, verlangt nach einer Ausgestaltung des Beteiligungsrechts
als subjektives Recht61. Ansonsten würde die Anhörung tatsächlich in das Belieben der
Behörden gestellt62. Damit wäre § 29 BNatSchG jedoch überflüssig, weil die Behörden
auch schon vor seinem Erlaß die Möglichkeit, sich durch Anhörung
von Naturschutzverbänden sachkundig zu machen, besaßen63. Eine nachträgliche Feststellung der rechtsfehlerhaften Nichtbeteiligung
reicht keineswegs aus, um die Pflicht und das Interesse der Naturschutzvereinigung,
ihr ökologisches Wissen einzubringen, wirksam zu schützen64, denn die betroffene Behördenentscheidung bliebe davon unberührt65. Dazu kommt, dab eine erfolgreiche Feststellungsklage keine Bindungswirkung
für zukünftige Verfahren entfaltet66. Nur die Befürchtung der Aufhebung der in arbeitsaufwendigem
Verwaltungsverfahren erarbeiteten Entscheidung wird die Behörden
mit hoher Sicherheit zur Beteiligung der Naturschutzverbände veranlassen
können.
Weiterhin kommt dem komplexen Anerkennungsverfahren, also dem
Verfahren zur Bestimmung der zu beteiligenden Naturschutzverbände,
ausschlaggebende Bedeutung zu. Mit seinen strengen Voraussetzungen
und seinem Verwaltungsaufwand ist das Anerkennungsverfahren nur
so zu verstehen, daß den anerkannten Naturschutzverbände die ihnen
in § 29 Abs. 1 BNatSchG umschriebene Beteiligung als eigenes,
ihnen zugeordnetes subjektives Recht zustehen soll67. Damit sind nur wenige Naturschutzverbände68 und eben nicht jeder, der in seinen Belangen berührt ist, beteiligungsberechtigt69.
Der Gesetzgeber hat mit der Anerkennung und der damit verbundenen
Beteiligungsbefugnis den Naturschutzverbänden die Ziele des Naturschutzes
und der Landschaftspflege in besonderer Weise anvertraut, um den
ansonsten nicht hinreichend gewährleisteten Rechtsschutz in diesem
Bereich zu stärken70. Das öffentliche Interesse an Naturschutz und Landschaftspflege
wurde mit § 29 BNatSchG in begrenztem Umfang "subjektiviert",
das Beteiligungsrecht der Naturschutzverbände dient dem Schutz
dieser materiellen Position71.
4. Andere "materielle" subjektive Beteiligungsrechte von Naturschutzvereinigungen
Löst man die Begründung für die Klagebefugnis gegen eine Sachentscheidung
gestützt auf § 29 Abs. 1 BNatSchG von dieser spezifischen Vorschrift
ab, so lassen sich ganz allgemein zwei Kriterien für die Erstarkung
einer Beteiligungsvorschrift zu einer Klagebefugnis gegen die
Sachentscheidung herausarbeiten:
Zum einen muß die Beteiligungsvorschrift aufgrund ihrer Stellung,
Entstehungsgeschichte und Funktion auf eine besondere Bedeutung
der Beteiligung für die berechtigten Naturschutzverbände schließen
lassen.
Weiterhin ist eine Vorschrift über die formale Bestimmung der
zu beteiligenden Naturschutzverbände, also ein dem § 29 Abs. 2
BNatSchG vergleichbares Anerkennungsverfahren, zu verlangen.
Diese zweite Voraussetzung wird von einigen weiteren Beteiligungsrechten
von Naturschutzverbänden erfüllt:
Neben den Vorschriften, die sich auf die nach § 29 Abs. 2 BNatSchG
anerkannten Naturschutzverbände beziehen, wie dem Erörterungsrecht
nach § 37 RHPf. LPflG, treten Rechte für Naturschutzverbände,
welche in ähnlicher Weise spezifiziert sind wie nach § 29 Abs.
2 BNatSchG, sodaß es sich dabei ebenfalls um anerkannte Naturschutzverbände
handelt. Dies gilt für die Beteiligung nach §§ 51 Abs. 1 S. 3,
Abs. 5, 63 BadWürtt. NatSchG, § 51 b Abs. 1 Schl.H. LPflG, die sich auf Naturschutzverbände i.S. § 51 Abs. 1 BadWürtt.
NatSchG bzw. § 51 Schl.H. LPflG oder einen Landeszusammenschluß dieser Naturschutzverbände
beziehen. Das Anhörungsrecht nach § 21 d Abs. 5 bezieht sich aufalle diejenigen juristischen Personen des Privatrechts,
denen die Betreuung eines Naturschutzgebietes übertragen wurde.
Der Kreis der Beteiligten ist damit ebenfalls hinreichend präzisiert.
Außerhalb des Naturschutzrechts findet sich eine ähnliche Vorschrift
im Jagdrecht: die Beteiligungsvorschrift des § 37 Abs. 2 BJG findet
auf Jägervereinigungen Anwendung, deren Status durch das Landesrecht
in vergleichbarer Weise bestimmt ist72.
Durch die Ausgestaltung dieser Beteiligungsvorschriften hat der
Gesetzgeber weiterhin zum Ausdruck gebracht, daß er den so beteiligten
Naturschutzverbänden eine derart hervorgehobene Verfahrensposition
einräumen wollte, daß sie als subjektives öffentliches Recht auf
Klage gegen die Sachentscheidung zu bewerten ist.
Zum einen trifft dies zu für diejenigen Regelungen, welche Naturschutzverbände
die Wahrnehmung spezifischer, im öffentlichen Interesse liegender
Aufgaben übertragen. Denn dadurch wird ihnen eine Rechtsposition
zuerkannt, die wie eine Begünstigung gegen Eingriffe geschützt
ist. Die Beteiligungsvorschrift ist dann auf den Schutz dieser
Rechtsposition gerichtet. So liegt es, wenn Naturschutzverbänden
die Betreuung eines geschützten Gebiets oder eines geschützten
Gegenstandes übertragen wurde. Dann wird ihnen ein qualifiziertes Anhörungsrecht73 vor jeder änderung oder Aufhebung der Schutzverordnung sowie
vor jeder erheblichen Beeinträchtigung der von ihnen betreuten
Gebiete sowie in Schleswig-Holstein vor Befreiungen eingeräumt,
§ 51 Abs. 1 S. 3 BadWürtt. NatSchG, § 21 d Abs. 5 Schl.H. LPflG.
Die jederzeitige Widerrufbarkeit ändert nichts am Charakter der
übertragung als Begünstigung. Die Anhörung gewinnt ihre besonders
herausgehobene Bedeutung aus dem Zusammenhang mit dem staatlichen
Akt der übertragung der Betreuungsbefugnis. Denn schon dadurch
werden die Naturschutzverbände über den Stand von staatlich anerkannten
Vertretern der Naturschutzinteressen in einer Weise herausgehoben,
die dem Vergleich mit der wesentlich komplexeren und differenzierteren
Vorschrift des § 29 Abs. 1 BNatSchG standhält. Will man die Naturschutzverbände
motivieren, die Arbeitsleistung ihrer Mitglieder über lange Zeiträume
einzusetzen, muß dieses Engagement einen verstärkten Schutz erfahren.
Eine entsprechende Rechtsposition steht dem Landesnaturschutzverband
in Baden-Württemberg im Hinblick auf sein Anhörungsrecht vor Befreiungen
von Vorschriften der Rechtsverordnungen aus § 63 BadWürtt. NatSchG,
soweit das Vorhaben ein Naturschutzgebiet, ein flächenhaftes Naturdenkmal
oder ein Landschaftsschutzgebiet nicht unwesentlich betrifft,
zu. Im Gegensatz zum Beteiligungsrecht nach § 29 Abs. 1 BNatSchG
ist hier nicht von "Mitwirkungsrecht" die Rede; auch fehlen die
dort vorhandenen detaillierten Voraussetzungen für die Rechtsausübung.
Diese Defizite gegenüber der Ausgestaltung des Anhörungsrechts
in § 29 Abs. 1 BNatSchG werden indes wettgemacht durch zwei überlegungen.
Wollte man diese Vorschrift nicht als qualifiziertes subjektives
Recht ansehen, wäre sie überflüssig, weil die Behörden generell
befugt sind, sich Informationen überall, also auch durch Kontakte
mit den Naturschutzverbänden, zu beschaffen. Stärker wiegt hier
noch die verfahrensmäßige Ausgestaltung dieses Rechts: die Bedeutung
der Anhörung wird verstärkt durch einen Devolutiveffekt: der Landesnaturschutzverband
kann verlangen, daß die Naturschutzbehörde, wenn sie sich gegen
seine Stellungnahme entscheiden will, die Weisung der nächsthöheren
Naturschutzbehörde einholt, § 51 Abs. 4 BadWürtt. NatSchG. Dadurch
wird vor die Sachentscheidung gegen die Stellungnahme der Naturschutzverbände
die Hürde einer weiteren inhaltlichen, behördeninternen überprüfung
gestellt. Der Gesetzgeber hat also zum Ausdruck gebracht, daß
den äußerungen der Naturschutzverbände wesentlich mehr Bedeutung
beigemessen werden soll, als dies bei einer normalen Anhörung
der Fall ist. Die Begründung spricht von einem "qualifizierten
Anspruchsrecht"74. Auf der Linie dieser außerordentlichen Behandlung einer Anhörung,
die den Gedanken der Parallele zur Behandlung des Widerspruchs
eines durch einen Verwaltungsakt in seinen Rechten betroffenen
Bürgers aufkommen läßt, liegt es, dem Recht des Landesnaturschutzverbandes
aus § 63 BadWürtt. NatSchG den gleichen Rechtsschutz zu gewähren
wie eine Rechtsposition aus § 29 Abs. 1 BNatSchG. Der Landesnaturschutzverband
Baden-Württemberg kann daher gegen derartige Befreiungen vor Gericht
ziehen, wenn er in seinem Anhörungsrecht verletzt wurde.
Aus einer Verallgemeinerung dieser überlegung folgt, daß alle
Beteiligungsrechte, die durch einen Devolutiveffekt verstärkt
werden, dieses Recht derart qualifizieren, daß es zu einer Klage
gegen die Sachentscheidung berechtigt. Das gilt auch für die Anhörungs-
und Antragsrechte der Jägervereinigungen in Niedersachsen, dem
Saarland und Schleswig-Holstein, § 37 Abs. 2 Schl.H. LJG, Art.
46 Abs. 1 Nds. LJG, § 43 Abs. 5 Saarl. JG. Die übrigen Anhörungs-
und Antragsrechte der Jägervereinigungen sind weder durch ihre
sprachliche noch ihre systematische Ausgestaltung so verstärkt
wie die Rechte nach § 29 Abs. 1 BNatSchG.
5. Die Klage auf Erzwingung der Beteiligung und § 44 a VwGO
Eine Schranke für die isolierte Einklagbarkeit von Beteiligungsrechten
im Verwaltungsverfahren ergibt sich auch nicht aus § 44 a VwGO.
Nach dieser Vorschrift können Rechtsbehelfe nur gleichzeitig mit
den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend
gemacht werden. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist sehr
umstritten; in der Literatur wird seine Einengung entweder auf
eine enge Auslegung einzelner Tatbestandselemente75 oder eine Ausdehnung der Ausnahmetatbestände auf weitere Fallgruppen
im Wege der verfassungskonformen Auslegung gestützt76.
Selbst wenn man den Anwendungsbereich des § 44 a VwGO weit bestimmt,
scheitert die isolierte klageweise Durchsetzung der Verfahrensrechte
der Naturschutzverbände nicht an § 44 a VwGO.
Es greifen zwar die Ausnahmetatbestände des § 44 a S. 2 VwGO nicht
ein (weder können die Beteiligungsvorschriften von der Behörde
vollstreckt werden, 1. Alt.77, noch sind die Naturschutzverbände Nichtbeteiligte i.S. § 44
a S. 2 2. Alt. VwGO78). Dennoch muß der Anwendungsbereich im Wege der vom Zweck der
Vorschrift geleiteten verfassungskonformen Auslegung derart eingegrenzt
werden, daß aus ihr nicht die Unzulässigkeit der Klagen auf Erzwingung
der Vereinigungsbeteiligung folgt.
Wenn dem Verfahrensbeteiligten kein Rechtsschutz gegen die Sachentscheidung
zusteht, würde die Anwendung des § 44 a VwGO zu einem völligen
Ausfall des Rechtsschutzes führen. Daß der Gesetzgeber solches
nicht bezweckte, läßt die Begründung für den zweiten in § 44 a
S. 2 VwGO vorgesehenen Ausnahmetatbestand erkennen: "weil Nichtbeteiligte
durch die Entscheidung in der Sache regelmäßig nicht betroffen
werden und ihnen somit gegen diese Entscheidung ein Rechtsbehelf
nicht zusteht (, müssen sie) deshalb die Verfahrenshandlung selbständig
mit Rechtsbehelfen angreifen können"79.
Diesem Zweck muß durch eine verfassungskonforme Interpretation
der Vorschrift Rechnung getragen werden80. Danach kann eine Klage auf Erzwingung der Beteiligung jedenfalls
in all den Fällen nicht wegen § 44 a VwGO unzulässig sein, in
denen die Naturschutzverbände (nur) ein subjektives Recht auf
Beteiligung am Verfahren besitzen, ohne deswegen zur Anfechtung
der Sachentscheidung berechtigt zu sein81. Denn dieser Rechtsgedanke ist wegen Art. 19 Abs. 4 GG auf alle
Fälle zu erstrecken, in denen der Rechtsschutzausschluß im Stadium
des Verwaltungsverfahrens zu einem Verlust an effektivem Rechtsschutz
überhaupt führen müßte82; die Kontrollkonzentration darf nicht in ein (ungewolltes) Kontrolldefizit
umschlagen83. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet in diesem Fall, daß die subjektiven
Rechte der Naturschutzverbände auf Beteiligung am Verfahren vor
Gericht erstritten werden können. Schließlich handelt es sich
bei der Beteiligungserzwingungsklage um eine Klage auf Vornahme
einer Verfahrenshandlung, während § 44 a VwGO lediglich selbständige
Rechtsbehelfe "gegen" Verfahrenshandlungen ausschließt84.
Darüberhinaus sind auch diejenigen Beteiligungsrechte, die die
Naturschutzverbände zu einem gerichtlichen Vorgehen gegen Sachentscheidungen
befugen, nicht durch § 44 a VwGO von einer isolierten gerichtlichen
überprüfung ausgeschlossen85. Dies folgt aus dem Zweck des § 44 a VwGO, der geschaffen wurde,
um einer Verzögerung des Verwaltungsverfahrens genauso vorzubeugen
wie einer Vermehrung der Rechtsmittelverfahren86. Denn diese Vorschrift ist auf den "normalen" verwaltungsgerichtlichen
Rechtsschutz bezogen, also die Fälle, in denen die Klagebefugnis
gerade nicht allein aus einer Verfahrensvorschrift erwächst87. Sollten Personen, die wegen Verletzung materiell-rechtlicher
Positionen eine Sachentscheidung angreifen können, zusätzlich
noch einen Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit ihrer Beteiligung
führen können, würde das gesamte Verfahren weiter verzögert und
die Zahl der Rechtsmittelverfahren erhöht. Im Interesse der Verfahrensökonomie
und -beschleunigung soll § 44 a VwGO alle Einwendungen gegen eine
Sachentscheidung, sowohl die materiellen wie auch die formellen,
in einem Gerichtsverfahren zusammenfassen88, wobei der materiell-rechtlichen Kontrolle der Vorrang eingeräumt
wird89. Das kann jedoch nicht beim Rechtsschutz der Naturschutzverbände
gegen eine Verletzung ihrer Beteiligungsrechte funktionieren.
Sie können gerade kein doppeltes Gerichtsverfahren anstrengen:
sind sie rechtmäßig beteiligt worden, können sie keine Klage gegen
die Sachentscheidung mehr erheben, weil ihnen dann die Berufung
auf ihr subjektives Beteiligungsrecht - und damit ihre einzige
klagebewehrte Rechtsposition - abgeschnitten ist. Die Zulassung
von Rechtsbehelfen zur Erzwingung der Beteiligung vor Abschluß
des Verfahrens reduziert die Anzahl der Klagen gegen die Sachentscheidung.
Wird hingegen § 44 a VwGO auf Beteiligungsvorschriften zugunsten
der Naturschutzverbände angewandt, wird die Rechtssicherheit durch
Erhöhung der Zahl der Klagen gegen Sachentscheidungen - gestützt
allein auf Verletzung von Verfahrensfehlern - gefährdet, ohne
daß die Effizienz des Verwaltungsverfahrens erhöht würde. Daher
muß aus dem Gedanken der Rechtssicherheit, die als Bestandteil
des Rechtsstaatsprinzips verfassungsrechtlichen Schutz genießt90, der Ausschluß der Beteiligungserzwingungsklagen der Naturschutzverbände
aus dem Anwendungsbereich des § 44 a VwGO abgeleitet werden. Ferner
können die Naturschutzverbände keine umfassende inhaltliche Kontrolle
erreichen, sondern nur der Sachentscheidung die Verletzung ihrer
Verfahrensrechte entgegenhalten91.
Für diese Auffassung spricht auch eine für den normalen Verwaltungsprozeß
angestellte überlegung: ergibt sich die Möglichkeit, eine Sachentscheidung
mit Aussicht auf Erfolg anzugreifen, womöglich erst dann, wenn
- verwehrte - Verfahrensrechte in Anspruch genommen wurden, müßte
eine Klage gegen die Sachentscheidung quasi blind, auf Verdacht,
angestrengt werden, nur um in diesem Verfahren Einsicht in die
Akten zu erlangen und dabei überprüfen zu können, ob eine materielle
Beschwer vorliegt92.
So sprechen auch diejenigen, die von einer Klagebefugnis der Naturschutzverbände
gegen Sachentscheidungen allein wegen der Verletzung ihres Verfahrensrechts
aus § 29 Abs. 1 BNatSchG ausgehen, davon, daß dieses Recht jedenfalls
mit einer Klage während des noch anhängigen Verwaltungsverfahrens
durchsetzbar sei93.
Daher ist das - umstrittene94 - Verhältnis von § 44 a VwGO zu § 46 VwVfG für die Einklagbarkeit
von Beteiligungsrechten der Naturschutzverbände ohne Bedeutung.
Eine parallele Anwendung beider Vorschriften, die dazu führen
würde, daß isolierte Rechtsbehelfe in Bezug auf Beteiligungsvorschriften
nach § 44 a VwGO verboten sind, eine inzidente Geltendmachung
ihrer Verletzung aber an der Unabänderlichkeit der Sachentscheidung
wegen § 46 VwVfG scheitert, kommt nach der hier vertretenen Auslegung
von § 44 a VwGO nicht vor, weil alle den Naturschutzverbände eingeräumten
subjektiven Rechte auf Beteiligung am Verfahren isoliert einklagbar
sind.
§ 29 Abs. 1 BNatSchG eröffnet den anerkannten Naturschutzverbänden
die Klagemöglichkeit gegen die Verletzung ihres Beteiligungsrechtes
(Beteiligungserzwingungsklage). Darüberhinaus können sie eine
unter Verletzung dieser Vorschrift zustandegekommene Sachentscheidung
deswegen vor Gericht angreifen. § 29 Abs. 1 BNatSchG gewährt damit
den Naturschutzverbänden sowohl ein "formelles" wie auch ein "materielles"
subjektives öffentliches Recht.
In gleicher Weise zu qualifizieren sind auch die Beteiligungsvorschriften
der Naturschutzverbände nach §§ 63, 51 Abs. 1 S. 3 BadWürtt NatSchG,
§§ 21 d Abs. 5, 51 b Abs. 1 Schl.H. LPflG sowie die den Jägervereinigungen nach § 37 Abs. 2 Schl.H. LJG,
Art. 46 Abs. 1 Nds. LJG, § 43 Abs. 5 Saarl. JG eingeräumten Beteiligungsrechte.