Der EuGH hat bereits mehrfach Entscheidungen über die gegenseitige Anerkennung von Fahrerlaubnissen innerhalb der EU getroffen. Im Gemeinschaftsrecht verankert ist dies in der Richtlinie 91/439/EWG vom 29. 7. 1991 über den Führerschein, die mittlerweile durch die Dritte Führerscheinrichtlinie 2006/126/EWG vom 20. 12. 2006 geändert wurde. Ziel ist die unbürokratische Anerkennung der in einem EU-Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis auf Grundlage einheitlicher Richtlinien für die Erteilung einer Fahrerlaubnis, ohne hierbei den sogenannten Führerscheintourismus zu fördern.
Die gesetzliche Grundlage für die Anerkennung von Fahrerlaubnissen in Deutschland, die von einem EU Mitgliedstaat ausgestellt wurden, bildet § 28 Fahrerlaubnis-Verordnung. Absatz 1 stellt hierbei zunächst klar, dass EU-Fahrerlaubnisse in dem Umfang anerkannt werden, in dem sie auch durch den Mitgliedstaat ausgestellt wurden. Etwaige Beschränkungen bleiben also auch in Deutschland wirksam. Eine Beschränkung der Anerkennungspflicht enthält insbesondere § 28 Abs. 4 FeV. Besonders relevant sind die Fälle, in denen in Deutschland aufgrund einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis besteht.
Für Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis stellt sich die Frage nach der Anerkennung im EU-Ausland erworbener Fahrerlaubnisse insbesondere in Fällen, in denen ihnen in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Hierzu hat der EuGH in seinem Urteil vom 29.04.2004 (Fall Kapper) zunächst entschieden, dass deutsche Behörden EU-Fahrerlaubnisse, die nach Ablauf der in Deutschland bestehenden Sperrfrist erteilt worden sind, anerkennen müssen und zwar ohne dass in Deutschland eine erneute Überprüfung der Fahreignung angestellt werden darf. Ebenso stellte das Urteil klar, dass die Überprüfung des Wohnsitzerfordernisses (min. 6 Monate ordentlicher Wohnsitz in dem ausstellenden Mitgliedstaat) und eine damit einhergehende Entziehung der Fahrerlaubnis allein Sache des ausstellenden Staates ist. Deutsche Behörden dürfen folglich die Anerkennung nicht mit der Begründung ablehnen, der Inhaber der Fahrerlaubnis habe keinen ordentlichen Wohnsitz in dem ausstellenden Staat gehabt. Etwas anderes gilt nach späterer Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 26.06.2008) nur dann, wenn sich der Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis aus dem Führerschein selbst ergibt, bzw. entsprechende Informationen des ausstellenden Staates vorliegen. Hier knüpft auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.08.2011 an. In dem zugrunde liegenden Fall war auf der tschechischen Fahrerlaubnis des Klägers Deutschland als ständiger Wohnsitz angegeben.
Bislang musste der Inhaber der europäischen Fahrerlaubnis vor deren Verwendung in Deutschland gem. § 28 Abs. 5 FeV zunächst einen Antrag auf Anerkennung bei der zuständigen Behörde stellen. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 22.09.2011 entschieden, ein solches Antragserfordernis widerspreche der Rechtsprechung des EuGH.
Die von deutschen Gerichten unterschiedlich beurteilte Frage der Anerkennung einer Fahrerlaubnis, die noch während einer laufenden Sperrfrist im EU-Ausland erworben wird, dürfte durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.08.2011 vorläufig geklärt sein. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass während der Sperrfrist erworbene Fahrerlaubnisse automatisch ungültig seien.
Ein weiteres Hindernis für die Anerkennung einer Fahrerlaubnis stellt der seit dem 19.01.2009 in Kraft getretene Artikel 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EWG dar, der als § 28 Abs. 4 S.1 Nr. 3 FeV bereits in deutsches Recht umgesetzt wurde. Diverse Oberverwaltungsgerichte (u.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.10.2011; OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.08.2010) haben inzwischen entschieden, dass diese Regelung für alle Fahrerlaubnisse gilt, die seit dem 19.01.2009 erteilt wurden. Für den Inhaber einer nach diesem Datum erteilten europäischen Fahrerlaubnis heißt dies, dass er kein Recht hat, die Fahrerlaubnis in Deutschland zu gebrauchen, wenn ihm hier die Fahrerlaubnis rechtskräftig von einem Gericht entzogen oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde versagt wurde. Hiermit soll verhindert werden, dass Maßnahmen umgangen werden, die in Deutschland der Neu- oder Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis voraus gehen, beispielsweise die medizinisch-psychologische Untersuchung. Da es allerdings auch Oberverwaltungsgerichte in Deutschland gibt, die diese Frage anders bewerten (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 17.02.2010) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dem EuGH die Frage, ob ein Mitgliedsstaat verpflichtet ist, eine von einem anderen Mitgliedsstaat nach dem 18.01.2009 erteilte Fahrerlaubnis allein deshalb nicht anzuerkennen, weil dem Betroffenen im Mitgliedstaat, der die Anerkennung verweigert, zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal eine Fahrerlaubnis entzogen worden ist, zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Entscheidung fällt am 26.04.2012.
Abschließend stellt sich die Frage, wie Fälle zu bewerten sind, bei denen wegen eines Vergehens in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen werden soll, der Inhaber jedoch keine deutsche Fahrerlaubnis besitzt. Hier gilt zunächst § 69b StGB. Danach wird in einem solchen Fall nicht die Fahrerlaubnis selbst entzogen, sondern es wird das Recht aberkannt, die Fahrerlaubnis in Deutschland zu gebrauchen. Während der Sperrzeit kann auch keine deutsche Fahrerlaubnis erworben werden.
Besitzt jemand sowohl eine deutsche als auch eine ausländische Fahrerlaubnis, so muss die ausländische Erlaubnis in Deutschland nicht anerkannt werden, wenn sie vor der Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis erteilt wurde. Hintergrund ist, dass in einem solchen Fall die Wiederherstellung der Eignung zum Führen eines Fahrzeuges nicht durch den ausstellenden Staat überprüft wurde. Das Recht zur Verweigerung der Anerkennung bestätigte der EuGH in seinem Urteil vom 19.02.2009.