Vorbemerkung
Stellen die Altlastenbehörden Altlasten fest und ordnen Sanierungsmaßnahmen an, widersetzen sich vor allem ehemalige Mieter, die durch jahrelange Nutzung die Altlast verursacht haben, einer gemeinsamen Lösung, d.h. Finanzierung. Damit wächst das Kostenrisiko für die Grundstückseigentümer. Fragen der Anwendbarkeit der abfallrechtlichen Vorschriften über den internen Ausgleich der Sanierungsverantwortlichen (Rechtsweg, Verjährung und Verfassungsmäßigkeit) sind daher gegenwärtig von großer praktischer Bedeutung.
Inhalt
I. Ausgangslage
II. Rechtsweg
1. Meinungsstand zu § 21 I 4 HessAbfAG
2. Ähnliche Vorschriften
3. Gesamtschuldnerische Haftung für öffentlich-rechtliche Forderungen
a) Allgemeines Polizeirecht
b) Abgabenordnung
c) Beamtenrecht
d) Weitere öffentlich-rechtliche Anordnungen von Gesamtschuldverhältnissen
e) Zivilrecht
f) Zwischen-Ergebnis
g) Ausgleichsanspruch nach § 21 I 4 HessAbfAG als Gesamtschuld?
4. Abgrenzung nach den allgemeinen Theorien
5. Zulässigkeit verwaltungsgerichtlicher Streitigkeiten zwischen
Privaten
III. Verjährung
1. Verjährungsfrist
2. Verjährungsbeginn
IV. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das hessische Altlastenrecht
1. Gesetzgebungskompetenz des Landes
2. Rückwirkungsverbot
V. Ergebnis
Fußnoten
Vielerorts gibt es Grundstücke, auf denen in den langen Jahren
ihrer gewerblichen Nutzung umweltgefährdende Stoffe verarbeitet,
zwischen- oder endgelagert wurden. Von diesen Altlasten gehen
vielfältige und gravierende Gefahren für Natur und Umwelt aus.
Die Sanierung dieser Altlasten ist daher von großem öffentlichem
Interesse. So wünschenswert eine schnelle und umfassende Sanierung
in gesellschaftlicher Hinsicht ist, so umstritten ist ihre praktische
Umsetzung wegen der mit ihr verbundenen hohen finanziellen Kosten.
Aus diesem Spannungsfeld zwischen öffentlichem Sanierungsinteresse
einerseits und Kostenbelastung andererseits erwachsen einige Rechtsprobleme.
Einer der Schwerpunkte der Diskussion liegt in der Störerproblematik,
also der Frage, wer für eine Sanierung zu sorgen hat, oder anders
formuliert: wer die Kosten für eine Sanierung zu tragen hat. Dies
ist vor allem in denjenigen Fällen von Bedeutung, in denen nicht
der Grundstückseigentümer der Verursacher der Altlast ist, sondern
der Grundstücksnutzer (Pächter oder Mieter). Besondere Brisanz
erhält diese Problematik in der Fallkonstellation, daß der Verursacher
der Altlast nicht mehr Grundstücksnutzer ist, weil das Miet- bzw.
Pachtverhältnis (u.U. schon seit vielen Jahren) beendet ist und
das Grundstück an den Eigentümer zurückgegeben wurde, bevor die
Altlast als solche erkennbar war.
Wenn jetzt eine Sanierung durchzuführen ist, besteht für den Grundstückseigentümer
die Gefahr, für deren Kosten herangezogen zu werden. Einen Anspruch
auf Übernahme der Sanierungskosten gegen den Verursacher der Altlast,
den Ex-Mieter, soll ihm nach Auffassung großer Teile der Literatur
über eine analoge Anwendung der Vorschriften des BGB über die
Gesamtschuld zustehen1. Diesem Lösungsweg hat der BGH allerdings seine Zustimmung versagt2.
Der hessische Gesetzgeber hat die Problematik der Altlasten im
Zweiten Abschnitt des HessAbfAG einer umfassenden Regelung unterzogen.
Dabei hat er in § 21 I 4 HessAbfAG bestimmt, daß mehrere Sanierungsverantwortliche
untereinander einen Ausgleichsanspruch haben. Fast wortgleich
hiermit sind die Vorschriften des § 28 III 2 RhPf. LAbfWAG und
§ 20 I 4 Thür. AbfAG (weswegen die in diesem Aufsatz angestellten
Überlegungen zur hessischen Regelung auch für das thüringische
und rheinland-pfälzische Recht gelten), während § 10 V 2 Sachs.
EGAB, § 10 III 3 BadWürtt. BodSchG, § 13 III 2 Brem. AGAbfG eine
gesamtschuldnerische Haftung der Verpflichteten vorsehen.
Die hessische Ausgleichsvorschrift wirft einige Fragen auf. Für
ihre praktische Anwendung ist zu klären, vor welchem Gericht der
Ausgleichsanspruch durchzusetzen ist (dazu unten 2.) und welche
Verjährungsregeln für ihn gelten (unten 3.). Schließlich ist dem
Vorwurf der Verfassungswidrigkeit nachzugehen (dazu unten 4.).
Bedeutsam für die Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs ist zunächst
die Frage, vor welchem Gericht er einzuklagen ist. Der Verwaltungsrechtsweg
ist dann eröffnet, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche
Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, soweit die
Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich
zugewiesen ist, § 40 I VwGO.
Da es sich hier nicht um einen Haftungsanspruch gegen den Staat
handelt, für den durch Art. 34 S. 3 GG eine Sonderzuweisung zum
ordentlichen Rechtsweg gegeben ist, und auch keine verfassungsrechtliche
Streitigkeit vorliegt, ist der Ausgleichsanspruch nur dann vor
den Verwaltungsgerichten geltend zu machen, wenn er als eine öffentlich-rechtliche
Streitigkeit zu bewerten ist. Dies ist der Fall, wenn um die Anwendung
öffentlichen Rechts gestritten wird.
1. Meinungsstand zu § 21 I 4 HessAbfAG
Der HessVGH hat die Frage nach dem Rechtsweg für den Ausgleichsanspruch
ausdrücklich offengelassen3, wie auch die Gesetzgebungsmaterialen zu dieser Frage nichts
hergeben4.
Nach Bickel5 handelt es sich bei § 21 I 4 HessAbfAG um einen zivilrechtlichen
Anspruch, der vor den Zivilgerichten durchzusetzen sei. Diese
Auffassung vertrat auch Knopp in einem Aufsatz6. Wegen seines Regelungszwecks, einen internen Regreßanspruch
zu geben, sei davon auszugehen, daß dieser Anspruch notfalls vor
den Zivilgerichten geltend zu machen sei. Diese Position hat er
nunmehr in seiner Monografie7 ausdrücklich aufgegeben. Er begründet dies mit einem Hinweis
auf Art. 74 Nr. 1 GG.
Damit ist wohl gemeint, daß es sich um eine öffentlich-rechtliche
Vorschrift handeln müsse, weil der Landesgesetzgeber keine Kompetenz
zur Regelung eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs besitze.
Oerder8 und Raeschke-Kessler9 halten den Ausgleich zwischen Störern immer für zivilrechtlich.
Raeschke-Kessler räumt aber ein, daß die Vorschriften über die
Störerhaftung öffentlich-rechtlicher Natur sind, weswegen er eine
ausdrückliche Regelung des Rechtswegs für wünschenswert hält.
Da die einschlägigen Äußerungen kein eindeutiges Bild ergeben,
ist zu untersuchen, ob aus Rechtsprechung und Literatur zu gleichlautenden
oder ähnlichen Vorschriften Gesichtspunkte für die Auslegung der
Ausgleichsregelung im hessischen Abfallrecht gewonnen werden können.
Zu der mit der hessischen Vorschrift fast wortgleichen Regelung in § 20 I 4 Thür AbfAG wird vertreten, daß ein Streit um den internen Ausgleich vor den Zivilgerichten auszutragen sei10.
3. Gesamtschuldnerische Haftung für öffentlich-rechtliche Forderungen
In einer nicht geringen Anzahl von Landesgesetzen wird ein öffentlich-rechtlicher
(Rückgriffs-)Anspruch des Staates gegen eine Mehrheit von Privaten
unter Bezugnahme auf den Begriff der Gesamtschuld geregelt. Über
die damit für anwendbar erklärte Vorschrift des § 426 BGB kann
dann ein interner Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern herbeigeführt
werden.
Von den landesrechtlichen Regelungen ist neben dem allgemeinen
Polizeirecht das Kostenrecht (etwa § 6 II HessVwKostG) sowie das
Beamtenrecht oder das sächsische Abfallrecht (§ 10 V 2 Sachs EGAB)
zu nennen.
Auch bundesgesetzliche Vorschriften ordnen eine gesamtschuldnerische
Haftung für öffentlich-rechtliche Ansprüche an (etwa AO, BauGB,
Beamtenrecht).
Zu diesen Vorschriften wird in der Regel vertreten, daß der interne
Ausgleich der in Anspruch Genommenen auf dem ordentlichen Rechtsweg
durchzusetzen sei (Ausnahme: Beamtenrecht, dazu unten 2.3.3).
Im allgemeinen Polizeirecht einiger Bundesländer ist eine Rückgriffsmöglichkeit
der öffentlichen Hand gegen die Verantwortlichen vorgesehen, die
als Gesamtschuldner haften. Dies gilt für verschiedene Fallkonstellationen,
vgl. etwa in Hessen §§ 69 II, 8 II 2, 43 III 2 HessSOG, in Berlin
§§ 64 II, 12 II 2 berl. ASOG und in Nordrhein-Westfalen § 46 III
2 NRWPOG.
Gehe diese öffentlich-rechtliche Forderung im Wege der Legalzession
auf einen Privaten über, habe dieser sie auf dem ordentlichen
Rechtsweg auszufechten. Hierfür spreche nicht zuletzt die Praktikabilität:
es gelte ein einheitlicher Rechtsweg für den Innenausgleich11.
Die meisten Stellungnahmen zum Problem des Rechtswegs für den internen
Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern einer öffentlich-rechtlichen
Forderung finden sich zu § 44 I 1 AO. Hier ist bestimmt, daß Personen,
die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis
schulden, Gesamtschuldner sind. Die Kommentarliteratur führt hierzu
aus12, daß der Ausgleich zwischen den in Anspruch Genommenen Gesamtschuldnern
nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Gesamtschuld
erfolge.
Der BGH hat entschieden13, daß das öffentlich-rechtliche Forderungsverhältnis zwischen
Staat und Steuerschuldner durch die Erfüllung der Steuerschuld
durch einen privaten Dritten beendet werde. Mit dem Übergang auf
den Dritten werde die Steuerforderung aus ihrer hoheitlichen Beziehung
gelöst und diene nur noch der Durchsetzung der privatrechtlichen
Erstattungsansprüche gegenüber demjenigen, dessen Steuern der
Dritte bezahlt hat. Sie könne deshalb in der Hand des Dritten
auch nur eine privatrechtliche Geldforderung sein14, für die der ordentliche Rechtsweg gegeben sei15.
Eine andere Auffassung wird im Bereich des Beamtenrechts vertreten.
Sowohl in § 46 I 2 BRRG als auch in § 78 I 2 BBG sowie den entsprechenden
landesrechtlichen Regelungen (etwa § 84 I 2 NWBG, § 91 I 3 HBG)
ist eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Beamter gegenüber
ihrem Dienstherrn statuiert.
Nach Pentz16 ist der Streit um einen Ausgleichsanspruch nach § 78 BBG zwischen
Beamten untereinander vor den Verwaltungsgerichten auszutragen.
Denn die Ausgleichung zwischen Gesamtschuldnern bilde nur das
Schlußstück des der Ausgleichung zugrundeliegenden Verhältnisses
zu einem Dritten. Daher müsse dessen Rechtscharakter auf den des
Ausgleichsanspruchs durchschlagen17. Die Abgrenzung von Verwaltungs- und Zivilrechtsweg verläuft
im Beamtenrecht nicht über § 40 I 1 VwGO. Es ist damit nicht entscheidend,
ob es sich um eine öffentlich-rechtliche oder eine zivilrechtliche
Streitigkeit handelt. Denn das Beamtenrecht kennt mit § 126 I
BRRG eine einheitliche Rechtswegverweisung zu den Verwaltungsgerichten,
die alle Klagen aus dem Beamtenverhältnis erfassen soll. Damit
trägt das Beamtenrecht dem Gedanken der sachlichen Zusammenfassung
aller aus einem Rechtsgebiet stammenden Rechtsstreitigkeiten bei
den sachkundigen Verwaltungsgerichten in besonderer Weise Rechnung.
Die Heranziehung dieser Überlegung im Rahmen der Bestimmung des
Rechtswegs ist damit im Bereich des Beamtenrechts vom Gesetzgeber
vorgezeichnet. Eine Übertragung derartiger Überlegungen auf den
Anwendungsbereich des § 40 I 1 VwGO muß dieser unterschiedlichen
Ausgangslage Rechnung tragen.
d) Weitere öffentlich-rechtliche Anordnungen von Gesamtschuldverhältnissen
Zu § 1 I 2 AFWoG, wonach mehrere Inhaber einer öffentlich geförderten
Wohnung im Hinblick auf die Ausgleichszahlung (Fehlbelegungsabgabe)
Gesamtschuldner sind, hat das BVerwG entschieden18, daß das Ausgleichsschuldverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern
selbständig neben dem Abgabenschuldverhältnis bestehe. Es habe
privatrechtlichen Charakter, obwohl das Außenverhältnis öffentlich-rechtlich
ausgestaltet sei und per Leistungsbescheid geltend gemacht werde.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der BGH19 in einer Entscheidung zum PreußWassG, wonach ein Ausgleichsanspruch
zweier gemäß § 96 PreußWassG Unterhaltspflichtiger untereinander
zivilrechtlicher Natur sei, obwohl das Verhältnis der Stauberechtigten
zur Wasserpolizeibehörde öffentlich-rechtlicher Natur ist.
Kommentierungen zum BGB gehen davon aus, daß ein Ausgleichsanspruch über § 426 BGB immer zivilrechtlicher Natur sei, auch wenn im Außenverhältnis eine öffentlich-rechtliche Haftung zugrundeliege20.
Sofern eine öffentlich-rechtliche Vorschrift anordnet, daß mehrere Schuldner gesamtschuldnerisch haften, gehört der interne Ausgleich über eine Anwendung des § 426 BGB nach einhelliger Meinung zum Zivilrecht, eine Streitigkeit hierüber vor die ordentlichen Gerichte. Dieses Ergebnis erscheint nicht zuletzt deshalb gerechtfertigt, weil die jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschriften eine ausdrückliche Regelung des internen Ausgleichs nicht enthalten. Diese ergibt sich vielmehr aus der Bezugnahme auf die bürgerlichrechtlich näher ausgestaltete Rechtsfigur der Gesamtschuld. Erst dadurch kann die Ausgleichsvorschrift des § 426 II BGB zur Anwendung gelangen.
g) Ausgleichsanspruch nach § 21 I 4 HessAbfAG als Gesamtschuld?
Im Gegensatz zu den in öffentlich-rechtlichen Gesetzen enthaltenen
Gesamtschuldner-Regelungen21 wird im hessischen Abfallrecht hinsichtlich des internen Ausgleichs
nicht auf das bürgerlich-rechtliche Institut der Gesamtschuld
Bezug genommen, sondern ausdrücklich ein interner Ausgleich der
(Sanierungs-) Verantwortlichen untereinander begründet. Es liegt
hier kein (bundesrechtlich geregeltes) Gesamtschuldverhältnis
vor; S. 4 setzt keine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme mehrerer
voraus22.
Daher ist eine Übernahme der oben zu einer durch öffentlich-rechtliche
Gesetze angeordneten gesamtschuldnerischen Haftung entwickelten
Auffassung vom zivilrechtlichen Charakter des internen Ausgleichs
nicht zulässig.
4. Abgrenzung nach den allgemeinen Theorien
Die Bestimmung des Rechtscharakters des § 21 I 4 HessAbfAG muß
daher über eine Anwendung derjenigen Theorien versucht werden,
die zur Abgrenzung vom öffentlichen zum Privatrecht entwickelt
wurden.
Nach der sog. Subjektionstheorie ist auf ein Über- und Unterordnungsverhältnis
abzustellen, das zwar zwischen der Altlastenbehörde und dem in
Anspruch genommenen besteht, nicht aber zwischen dem Gläubiger
und dem Schuldner des Ausgleichsanspruchs. Diese Theorie ergreift
nur einen Teilbereich staatlichen Handelns, weswegen ihr keine
für alle Fälle tauglichen Abgrenzungskriterien entnommen werden
können.
Die in Erkenntnis dieses Mangels entwickelte Interessentheorie
stellt für die Abgrenzung darauf ab, ob die den Zweck des Rechtsverhältnisses
beherrschende Rechtsnorm überwiegend den Interessen der Gesamtheit
dient oder nicht23. Liegt der Zweck des Rechtsverhältnisses im Ausgleich der Verantwortlichen
untereinander, so ist § 21 I 4 HessAbfAG die beherrschende Rechtsnorm
- deren Rechtscharakter soll indes gerade geklärt werden.
Liegt der Zweck des Rechtsverhältnisses hingegen in der Verteilung
der Sanierungsverantwortlichkeit und -kosten, so ist § 21 HessAbfAG
insgesamt als beherrschende Rechtsnorm anzusehen mit der Folge,
daß alle in dieser Norm getroffenen Regelungen genauso dem Interesse
der Gesamtheit dienen wie das Abfallrecht im ganzen. Dessen öffentlich-rechtlicher
Charakter folgt bereits aus § 3 II AbfG. Bei dieser Gesamtbetrachtung
wäre der Ausgleichsanspruch als Folge der öffentlich-rechtlichen
Sanierungsregelung ebenfalls öffentlich-rechtlich. Zur nachhaltigen
Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen ist eine schnelle und
gründliche Sanierung der Altlasten geboten. Deshalb muß die Beseitigung
der Gefahr effektiv sein. Die Altlastensanierung wird ausschließlich
im öffentlichen Interesse durchgeführt24. Der Gesetzgeber hat daher der Behörde einen Spielraum zur Ermessensausübung
bei der Auswahl des Kostenpflichtigen dadurch eröffnet, daß er
nicht ihr allein die gerechte Lastenverteilung zwischen mehreren
Störern zur Aufgabe gemacht hat, sondern dem Adressaten eines
Leistungsbescheids eine Korrekturmöglichkeit über die Ausgleichsvorschrift
eröffnet25. Damit wird die Geltendmachung der oft beträchtlichen Sanierungskosten
durch die Behörde beschleunigt und vereinfacht. Anders als durch
eine Bezugnahme auf das zivilrechtlich ausgestaltete Institut
der Gesamtschuld hat der Gesetzgeber damit einen inhaltlichen
Zusammenhang von der im öffentlichen Interesse liegenden Altlastensanierung
mit ihrer Kostenfolge hergestellt.
Hiernach ist vom öffentlich-rechtlichen Charakter aller in § 21
HessAbfAG enthaltenen Regelungen auszugehen. Die Behauptung von
Oerder26, das Rechtsverhältnis zwischen potentiellen Störern sei im Kern
zivilrechtlich ausgestaltet, übersieht, daß die zivilrechtliche
Natur des Ausgleichsanspruchs nur aus dem Verweis auf die Gesamtschuld-Vorschriften
des BGB folgt. Sind diese jedoch durch eigenhändige öffentlich-rechtliche
Vorschriften ersetzt, sind diese gerade nicht zivilrechtlich.
Zum gleichen Ergebnis gelangt man auch bei der Abgrenzung nach
der sog. Sonderrechtstheorie. Sie stellt darauf ab, ob Rechtssätze
zur Anwendung kommen, die für jedermann gelten, oder ob Sonderrecht
für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gilt.Für die Altlastensanierung,
zu der der interne Ausgleich der Verantwortlichen gehört, gilt
das Sonderrecht der Sanierungsvorschrift.
Als öffentliches Recht wird nach der sog. Rechtsverhältnistheorie
die Summe derjenigen Rechtsnormen verstanden, welche die Rechtsverhältnisse
determinieren, in denen zumindest ein Rechtssubjekt aufgrund eines
weiteren es hierzu legitimierenden Rechtsverhältnisses zum Sachwalter
des Gemeinwohls bestimmt ist27.
Bei einer isolierten Betrachtung des Ausgleichsverhältnisses führt
dieser Ansatz zu einer Einordnung als Zivilrecht: der interne
Ausgleich der Verantwortlichen kennt keinen Sachwalter des Gemeinwohls.
Bei einer Gesamtbetrachtung der Altlasten-Sanierungsvorschriften
kommt das Gemeinwohl ins Spiel. Eine solche Gesamtbetrachtung
ist hier geboten, wie bereits oben dargestellt wurde; daher handelt
es sich hier um eine öffentlich-rechtliche Vorschrift.
5. Zulässigkeit verwaltungsgerichtlicher Streitigkeiten zwischen Privaten
Dieses Ergebnis scheitert nicht daran, daß dem Verwaltungsprozeß
ein Rechtsstreit zwischen Privatpersonen fremd wäre. Denn auch
für derartige Streitigkeiten ist der Verwaltungsrechtsweg grundsätzlich
eröffnet28. Denn die Frage der öffentlich-rechtlichen Streitigkeit ist nicht
von der rechtlichen Eigenschaft des Beklagten abhängig, sondern
allein davon, ob sich der Streit auf Fragen des öffentlichen Rechts
bezieht29. Daher sind den Verwaltungsgerichten Feststellungsklagen zwischen
Privaten nicht fremd30.
Auch für die Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Leistungsklagen
finden sich in der Rechtsprechung einige Beispiele31.
Für die Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs ist seine Verjährung
von großer Bedeutung. Dabei kommt es nicht nur auf die Verjährungsfrist,
sondern wesentlich auch auf die Bestimmung des Fristbeginns an.
Für den vorliegenden Sachverhalt ist vor allem die Konstellation
von Interesse, in der der Ausgleichsgläubiger Grundstückseigentümer
und der Ausgleichsschuldner (ehemaliger) Mieter bzw. Pächter des
zur Altlast erklärten Grundstücks ist.
Für den ehemaligen Mieter als Ausgleichsgläubiger ist die analoge
Anwendung des § 558 I BGB am günstigsten. Hiernach verjähren die
Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen
der vermieteten Sache in sechs Monaten ab Rückgabe der Mietsache.
Fraglich ist indes, ob die Ausgleichsvorschrift als ein Ersatzanspruch
wegen Verschlechterung der Mietsache, hier des Grundstücks, zu
qualifizieren ist32.
Für den Schadensersatzanspruch aus § 22 WHG hat der BGH entschieden,
daß dieser unter die kurze Verjährungsfrist des § 558 BGB fällt33, weil letzterer dazu diene, zwischen den Parteien eines Gebrauchsüberlassungsvertrages
eine rasche Auseinandersetzung zu gewährleisten und eine beschleunigte
Klarstellung der Ansprüche wegen des Zustandes der Sache bei ihrer
Rückgabe zu erreichen; längerer Zeitablauf nach Rückgabe mache
Ermittlung des Zustandes der Sache unmöglich, vor allem wegen
der Einflüsse einer evtl. Neuvermietung. Sein Anwendungsbereich
sei daher so weit auszulegen, daß darunter alle mit den mietvertraglichen
Ansprüchen konkurrierenden Ansprüche aus demselben Sachverhalt
zählen müssten, incl. derjenigen aus unerlaubter Handlung, aus
c.i.c. oder §§ 7, 14 StVG. In Fortführung dieser Rechtsprechung
sei die analoge Anwendung des § 558 BGB auch auf Ansprüche aus
§ 22 WHG auszudehnen, weil § 558 eine Mieterschutzvorschrift darstelle,
die ohne diese Ausdehnung unvollkommen wäre. Die Regelung des
Innenverhältnisses zwischen mehreren Störern habe das Polizeirecht
dem bürgerlichen Recht überlassen34.
Im Unterschied zur Ausgleichsregelung im Altlastenrecht handelt
es sich bei § 22 WHG um eine zivilrechtliche Schadensersatzregelung.
Demgegenüber soll § 20 HessAbfAG die Sanierung sicherstellen und
gewährleisten. Nicht die öffentliche Hand - und damit der Steuerzahler
- soll auf den Kosten sitzenbleiben, sondern die Verursacher sollen
für die von ihnen verursachten Sanierungskosten aufkommen. Schließlich
haben sie aus ihrem Verhalten in der Vergangenheit, der Schaffung
der Altlast, wirtschaftlichen Nutzung gezogen. Daher knüpft die
Regelung der Sanierungsverantwortlichkeit in § 21 I HessAbfAG
an den polizeirechtlichen Begriff der Verursachung, also den Störerbegriff,
an35. Die Vorschrift über den internen Ausgleich setzt voraus, daß
Ausgleichsgläubiger und Ausgleichsschuldner jeweils Sanierungsverantwortliche
nach § 21 I HessAbfAG sind36. Während Schadensersatzansprüche (wie etwa aus § 22 WHG) grundsätzlich
mit der tatbestandsmäßigen Verursachung eines Schadens entstehen,
beginnt die Existenz der hier untersuchten Ausgleichsansprüche
erst mit der Heranziehung des Ausgleichsgläubigers durch die zuständige
Behörde. Denn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung der polizeirechtlich
Verantwortlichen entsteht erst mit dem Erlaß einer Verfügung;
vor der behördlichen Inanspruchnahme ist ein öffentlich-rechtlicher
Pflichtenstatus des Störers noch nicht existent37. Vorher sind auch die auszugleichenden Belastungen nicht bekannt.
Erst wenn feststeht, wer in welchem Umfang von der Altlastenbehörde
zur Sanierung herangezogen worden ist, kann sich überhaupt die
Frage stellen, ob diese Heranziehung mit den Anteilen an der Verursachung
übereinstimmt oder nicht - nur dann kommt ein Ausgleich in Betracht.
Daher ist die rechtliche Beziehung zwischen Ausgleichsschuldner
und Ausgleichsgläubiger grundsätzlich anders zu bestimmen als
die zwischen Geschädigtem und Schädiger nach § 22 WHG. Eine Anwendung
der hierzu ergangenen Rechtsprechung auf § 21 I 4 HessAbfAG ist
daher nicht zulässig.
Daß § 21 I 4 HessAbfAG keinen Ersatzanspruch für die Verschlechterung
der Mietsache mit der Folge der Unanwendbarkeit des § 558 BGB
begründet, ergibt sich auch daraus, daß diese Vorschrift anders
als § 22 WHG nicht den Grundstückseigentümer für Verschlechterungen
des Grundstücks durch eine Altlast entschädigen will. Vielmehr
sollen nur die Sanierungskosten gerecht verteilt werden. Andere
Schäden, etwa ein Mietausfall für den Sanierungszeitraum, sind
hierüber nicht auf den ehemaligen Mieter als Verursacher abzuwälzen.
Der Ausgleichsanspruch im Altlastenrecht hat daher keine strukturelle
Ähnlichkeit mit Ersatzansprüchen des Vermieters gegen den Vermieter
wegen Verschlechterung der Mietsache, weswegen die kurze mietrechtliche
Verjährungsfrist unanwendbar ist.
Weil die Ausgleichsregelung mit der Heranziehung als Sanierungsverantwortlicher
eng verknüpft ist, es sich sozusagen um die Störerhaftung nicht
gegenüber der Behörde, sondern den "Mit-Störern" handelt, ist
die Verjährung nach den für die Störerhaftung geltenden Überlegungen
zu bestimmen.
Die Verantwortlichkeit eines Störers verjährt jedoch nicht: wer
eine Gefahr verursacht, kann sich nicht nach einem bestimmten
Zeitraum darauf berufen, daß er nunmehr wegen Zeitablaufs nicht
mehr zu deren Beseitigung verpflichtet sei38.
Selbst wenn man jedoch die kurze Verjährungsfrist aus § 558 I BGB
für anwendbar halten sollte, kann der Verjährungsbeginn nicht
mit § 558 I BGB auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache gelegt
werden. Der Zweck dieses Verjährungsbeginns liegt darin, dem Vermieter
die Untersuchung der Mietsache wegen Mängeln zu ermöglichen, damit
er rechtzeitig vor Fristablauf seine Ansprüche gegen den Mieter
geltend machen kann. Dies ist ihm indes nur möglich, wenn dieser
Anspruch auch innerhalb der Frist entsteht: die Verjährungsfrist
beginnt daher nicht vor Entstehen und Fälligkeit des Anspruchs
zu laufen39, weswegen das Landesrecht § 558 I BGB auch nicht aushebelt40.
Zum Zeitpunkt der Grundstücksübergabe existierte der Ausgleichsanspruch
noch gar nicht. Zum einen wurde der Anspruch aus § 21 HessAbfAG
erst durch das 5. Gesetz zur Änderung des HAbfG vom 6.6.1989 in
das HAbfG eingefügt, zu einem Zeitpunkt also, zu dem viele altlastenrelevanten
Mietverhältnisse bereits beendet waren. Vor allem aber entsteht
der Ausgleichsanspruch erst in dem Moment, in dem ein Sanierungsverantwortlicher
von der Behörde zur Sanierung bzw. ihrer Finanzierung herangezogen
wird. Ein Ausgleich setzt begrifflich eine unterschiedliche Belastung
voraus. Die Belastung des Sanierungsverantwortlichen ist jedoch
erst erkennbar, wenn er von der Behörde herangezogen worden ist.
Der Ausgleichsanspruch des § 21 I 4 HessAbfAG verjährt nicht;
jedenfalls würde aber die Verjährungsfrist erst mit der Heranziehung
des Ausgleichsgläubigers durch die (Altlasten-) Behörde zu laufen
beginnen.
IV. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das hessische Altlastenrecht
Gegen die Anwendung des hessischen Rechts werden verfassungs-rechtliche
Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Gesetzgebungszuständigkeit
(dazu unten 4.1) sowie des Rückwirkungsverbots (dazu unten 4.2)
geäußert.
1. Gesetzgebungskompetenz des Landes
Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift wird eingewandt,
daß den Ländern keine Befugnis zur Regelung des internen Ausgleichs
zwischen den Sanierungsverantwortlichen zukomme, weil es sich
dabei um einen zivilrechtlichen Anspruch handele41. Die Kompetenz zur Schaffung privatrechtlicher Normen stehe aber
dem Bundesgesetzgeber nach Art. 74 Nr. 1 GG zu, der hiervon durch
Erlaß des BGB in einer umfassenden Weise Gebrauch gemacht habe.
Wegen der damit erfolgten abschließenden Regelung des Zivilrechts
sei kein Raum mehr für landesgesetzliche zivilrechtliche Vorschriften.
Da es sich hier - wie bereits oben 2.4 dargelegt - um eine öffentlich-rechtliche
Regelung zur inhaltlichen Ausgestaltung der Sanierungsverantwortlichkeit
auf dem Gebiet der Altlastensanierung handelt, folgt die Gesetzgebungskompetenz
des Landesgesetzgebers aus Art. 72 I, 74 Nr. 24 GG. Denn der Bundesgesetzgeber
hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz insoweit
keinen Gebrauch gemacht, als er in §§ 10 II und 11 AbfG die Frage
der Behandlung von Altlasten nicht abschließend geregelt hat42. Selbst für Bickel, der ja von der zivilrechtlichen Natur des
Ausgleichsanspruchs ausgeht, ist die Vorschrift des § 21 HessAbfAG
verfassungskonform. Seiner Meinung nach hat der Landesgesetzgeber
nur seine Annexkompetenz zur Regelung spezifischer Rechtsprobleme
im Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Sanierung
von Grundstücken in Anspruch genommen43.
Den hessischen Regelungen zur Altlastensanierung wird vorgeworfen,
daß sie das Rückwirkungsverbot verletzen würden44. Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgen allgemeine rechtsstaatliche
Grundsätze wie der Vertrauensschutz und die Rechtssicherheit.
Das Bundesverfassungsgericht hat in langjähriger Rechtsprechung45 aus diesen Grundsätzen ein grundsätzliches Verbot der sog. "echten
Rückwirkung" abgeleitet, von dem Ausnahmen nur unter engen Voraussetzungen
zulässig sind46.
Danach sind belastende Eingriffe in aller Regel unzulässig, wenn
das zum Eingriff ermächtigende Gesetz erst nach Abschluß desjenigen
Lebenssachverhaltes erlassen wurde, den es einer Regelung unterwirft.
Unzulässig ist also jede Vorschrift, die "nachträglich ändernd
in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift"47.
Demgegenüber ist eine sog. "unechte Rückwirkung" von Rechtsvorschriften
mit der Verfassung vereinbar, wobei allerdings dem Gesichtspunkt
des Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen ist48. Knüpft nämlich eine neue Regelung Wirkungen für die Zukunft
an einen Sachverhalt, dessen Ausgangssituation zwar in der Vergangenheit
liegt, dessen Wirkungen aber bis in die Gegenwart reichen, so
ist dies bei einem überwiegenden Allgemeininteresse zulässig.
Nach der neueren Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts
ist zwischen der "Rückbewirkung von Rechtsfolgen" einerseits und
der tatbestandlichen Rückanknüpfung eines Gesetzes andererseits
zu unterscheiden49. Hiernach ist zu fragen, ob die normativ angeordneten Rechtsfolgen
für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm
liegenden Zeitraum eintreten sollen (Rückbewirkung von Rechtsfolgen)
oder ob dies für einen nach der Verkündung beginnenden Zeitraum
geschehen soll. Ist diese Frage zu verneinen, handelt es sich
also um die Regelung des sachlichen Anwendungsbereichs einer Norm,
findet eine verfassungsrechtliche Prüfung der Norm vorrangig am
Maßstab der Grundrechte statt. Während sich eine Rückbewirkung
von Rechtsfolgen vor allem an den Grundsätzen des Vertrauensschutzes
und der Rechtssicherheit messen lassen muß, treten diese Grundsätze
bei der tatbestandlichen Rückanknüpfung hinter den Maßstab der
Grundrechte zurück.
Nach beiden Bestimmungen des Rückwirkungsbegriffs regeln die Altlastenvorschriften
keinen vor der Gesetzesverkündung abgeschlossenen, der Vergangenheit
angehörenden Tatbestand50: auch dann, wenn das Ablagern der Abfälle vor vielen Jahren vorgenommen
wurde, reicht seine Wirkung in die Gegenwart. Die zentrale Voraussetzung
für das Eingreifen der Altlasten-Regelungen ist das Tatbestandsmerkmal
der Verunreinigung des Bodens und des Grundwassers, § 16 II HessAbfAG.
Diese Verunreinigungen und die mit ihr zusammenhängenden Auswirkungen
sind ein in der Vergangenheit begonnener Vorgang, der bis zur
Gegenwart und in die Zukunft fortwirkt und damit keineswegs abgeschlossen
ist.
Es wird diesem Charakter der Regelungen als Gefahrenabwehrvorschriften
nicht gerecht, wenn der Abschluß des Lebenssachverhaltes allein
nach dem Abschluß der erfolgten Stoffeintragung im Boden beurteilt
wird51. Zwar ist der Vorgang des Entstehens einer Altlast abgeschlossen,
doch sind damit noch nicht alle öffentlich-rechtlichen Pflichten
erfüllt - die Sache hat sich unter öffentlich-rechtlichen Aspekten
noch nicht "erledigt". Ist die Sanierung noch nicht beendet, ist
auch die Gefahr noch nicht beseitigt, weswegen die Rechtslasten
für einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt erweitert werden.
Die Gegenansicht kann auch nicht deshalb überzeugen, weil nach
ihr der Zeitpunkt des Entstehens der Gefahrenbeseitigungspflicht
identisch wäre mit dem Zeitpunkt, in dem der Sachverhalt abgewickelt
ist. die Rechtspflicht zur Abwicklung würde also zu dem Zeitpunkt
entstehen, in dem sie verstrichen wäre - worauf Peine mit Recht
hinweist52.
So kann es durchaus vorkommen53, daß eine Ablagerung erst Jahre nach ihrem Abschluß zu einer
Umweltgefährdung führt. Erst dann jedoch liegt der Tatbestand
einer Altlast vor.
Damit handelt es sich um eine sog. "unechte Rückwirkung" bzw.
eine tatbestandliche Rückwirkung.
Diese ist zulässig, weil jedenfalls bei den Ausgleichspflichtigen
grundrechtlich geschützte Positionen nicht beeinträchtigt werden54 und dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes durch § 21 II HessAbfAG
hinreichend Rechnung getragen wird55. Schließlich sind auch nach § 21 I 5 HessAbfAG die Anteile der
Verursachung bei der Ausgleichung zu berücksichtigen.
Daß die §§ 16 ff HessAbfAG hiernach grundsätzlich nicht gegen
das Rückwirkungsverbot verstoßen, schließt eine Eingrenzung ihrer
Anwendung im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes
nicht nur im Anwendungsbereich des § 21 II HessAbfAG nicht aus56.
Der Ausgleichsanspruch nach § 21 I 4 HessAbfAG ist ebenso wie derjenige
aus § 28 III 2 RhPf. LAbfWAG und § 20 I 4 Thür AbfAG öffentlich-rechtlicher
Natur, er ist also vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen.
Der Ausgleichsanspruch verjährt - wie die Störerhaftung insgesamt
- nicht; selbst wenn, würde der Lauf der Verjährungsfrist erst
mit der Heranziehung des ausgleichsberechtigten Störers durch
die Behörde beginnen.
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften greifen
nicht durch57; insbesondere besitzen die Landesgesetzgeber die Kompetenz zur
Regelung dieser Materie.
Ein von der Altlastenbehörde zu Sanierungskosten herangezogener
Grundstückseigentümer kann also vor den Verwaltungsgerichten gegen
seinen ehemaligen Mieter auf Ausgleich der Kosten klagen.